Das Dronentaxi bewegte sich zügig
durch den Verkehr, während Eliara kurz hinaus schaute. Mies III
zeigte sich von seiner besten Seite – strahlend blauer Himmel
schien auf die Millionenstadt herab und sie glitten gerade über
einer größeren Parkanlage hinweg, in der wohl ein Fest oder ein
Konzert statt fand. Aber dafür hatte sie leider keine Zeit – und
überraschenderweise auch wenig Lust. Irgend etwas war am vorgehen –
und sie wusste nicht, was. Furchtbar, ihr linker Finger zitterte
schon wieder seid einigen Tagen deswegen. Manchmal. Ihre Neugier und
Aufgeregtheit hatte da manchmal seltsame Auswüchse. Naja - es würde
sich wohl hoffentlich bald lösen.
Aber noch war es nicht so weit. Sie
konzentrierte sich wieder auf das Hologramm ihres Coms und las weiter
in dem Papier, das PIeCO veröffentlicht hatte. Es waren die ersten
Ergebnisse zu einem neuartigen Antrieb, der jene speziellen
Materialien einsetzte, die von jenen Sleepern aus den Wurmlöchern
kamen, um ständig zwischen zwei – theoretisch – stabilen
Zuständen zu wechseln. Gott, es war komplex! Und wohl auch noch
nicht ansatzweise so stabil, wie erhofft oder nötig. Naja, und nach
dem ersten Durchlesen hatte sie auch nur Bruchteile verstanden –
aber mittlerweile hatte sie sich durch einiges durchgearbeitet. Und
verstanden. Irgendwie zumindest.
20 Minuten später stand sie ihrem
Vater gegenüber und sie drückten sich herzlich. Wie lange hatte sie
ihn nicht gesehen? Ein halbes Jahr könnte durchaus schon vergangen
sein – beide waren zu sehr beschäftigt, um sich häufiger zu
sehen. Sie freute sich sehr, ihn wieder zu sehen, bemerkte aber auch
sofort, dass auch er angespannt war. Zumindest sonst hatte er sich
wenig verändert – die hellen blonden Haare (typisch für die du
Mondes) ließen bei Suche die ersten Ansätze von Weiß erkennen,
aber das war bei seinem Alter wenig überraschend. Sein Anzug stand
ihm wie immer, wenig verwunderlich bei seiner Figur. Aber seine Augen
hatten etwas den Glanz junger Jahre verloren in letzter Zeit. Ob er
zu viel arbeitete? Aber nun ja, er würde bald CEO sein, was sollte
man da erwarten.
„Komm erstmal mit. Wir haben wenig
Zeit, nachher können wir in Ruhe reden. Großvater wartet.“ dabei
zeigte er auf eine große, hölzerne Flügeltür und öffnete sie im
nächsten Moment auch.
Eliara folgte ihm und betrat einen
großen hellen Raum. Pflanzen aus den unterschiedlichsten Welten
erfüllten den Raum und einzig ein riesiger schwerer Tisch war in der
Lage, einen Akzent zu setzen gegen diese Vielfalt an Farben und
Gerüchen. Ein Holofenster zeigte das rege Treiben außerhalb des
Gebäudes und spendete gleichzeitig Licht. Ihr Großvater saß hinter
dem Tisch und erhob sich gemächlich, um ihnen entgegen zu kommen. Er
hatte mittlerweile noch mehr Zeichen seines Alters als beim letzten
Male, als sie ihn sah. Die Haut war fleckig und wirkte fast wie
Papier und auch seine Haltung war nicht mehr so gerade wie früher.
Er war wirklich alt, aber schon immer sehr glücklich damit und wenig
interessiert an all den Möglichkeiten, dem menschlichen Verfall
entgegen zu treten. „Jeder hat seine Zeit“, hat er immer gesagt,
„und meine habe ich sehr wohl genutzt.“ Als Gründer von MONDUE,
einem mittlerweile weithin bekannten Designer und Produzenten von
Schuhen, kann er dies wohl zurecht sagen...
„Schön, dass ihr gekommen seid.
Setzt euch, setzt euch.“ Er deutete dabei auf einige lederne
Stühle, um sich dann gemächlich wieder auf seinen Sessel zu setzen.
Dann musterte er kurz seine beiden Gäste und schmunzelte dann.
Eliara stellte fest, dass eine Augen immernoch das Leuchten von
früher hatten. So viel Lebenslust und Neugier und Humor konnte man
daraus lesen. Ja, es war nachwievor ihr Großvater, mit dem sie schon
als kleines Kind gespielt hatte!
„Und, Eliara, hast du es dir noch
einmal überlegt`“ frage er sie sodann und beide mussten schmunzeln
ob dieses … fast schon Rituals.
„Nein, ich werde nicht wie der Rest
meiner Familie Teil der Firma werden. Das weißt du doch. Dabei
bleibt es auch weiterhin.“ Sie versuchte, es etwas genervter
klingen zu lassen, als es mittlerweile war. Denn irgendwie war dieses
Spiel auch schön. Ja, doch, war es.
Er schüttelte kurz und gespielt
betrübt seinen Kopf und schaute sie dann wieder an. Ernster.
Deutlich ernster.
„Ich weiß, ich weiß. Eigene Wege
und so. Und ich kann dich ja verstehen. Zu gut sogar...“
Hm, das waren ja mal neue Töne!
Woher?!
„Aber so bist du halt, hab ich
mittlerweile auch verstanden. Und tatsächlich ist das vielleicht
sogar eher die Zukunft als alles andere.“
Leicht verwirrt, wollte Eliara etwas
einwerfen, kam aber nicht so weit – ihr Großvater redete einfach
weiter.
„Ich habe darüber in letzter Zeit
viel nachgedacht, weißt du? MONDUE war mir immer sehr wichtig, aber
letztlich, wenn man es auf das wenigste reduziert, bleiben wir. Nicht
die Firma, sondern wir, diese Familie, die wir sind. Das ist mir –
und auch deinem Vater und vielen anderen – das wichtigste. Diese
Familie zu erhalten und eine Zukunft zu geben.“
Eliara war verwirrt. Was war das denn
für eine Rede?! Ein Blick zu ihrem Vater machte ihr klar, dass
dieser durch sie und ihre Verwirrtheit durchaus erheitert war. Na
toll!
„Dein Vater und ich haben seid
einigen Jahren auf diese Zukunft hingearbeitet, Eliara. Und nun,
endlich, ein Angebot bekommen. Ein Angebot, das wir weder ablehnen
wollen noch können.“
Eliara war, eher selten, aber
vorkommend, sprachlos. Kurzzeitig. „Vater?! Was ist hier los?!“
Ihr Vater legte ihr seine Hand auf
die Schultern. „Alles ist gut, Eliara. Was Großvater sagen will
ist, dass wir die Gelegenheit haben, drei Mitglieder unserer Familie
zu Kapsulern zu machen. Unsterblichen. Die Zukunft der Menschheit
liegt letztlich dort, bei jenen, dies wissen wir alle. Und unsere
Familie hat die Chance, Teil dessen zu werden. Liebes, wir möchten,
dass du eine von jenen Drei bist.“
Geschockt schaute sie ihren Vater und
Großvater an. Sie – ein Engel des Todes?!
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